HYPERGAMIE – Hochzeit mit Hindernis

2012

Diese Hochzeitssprüche aus Magazinen und Webseiten prägen noch immer unser Bild von Ehe und Partnerschaft. Was aber, wenn eine Ehe zwischen zwei körperlich ganz unterschiedlichen Menschen geschlossen wird und damit unsere gelernten und gespeicherten Kategorien des gesellschaftlichen Miteinanders nicht mehr anwendbar sind? Wer lenkt überhaupt das besagte „Schiff in den Hafen“, wenn einer der Partner keine Arme hat? Wie erklimmt man Sprossen, wenn einer im Rollstuhl sitzt? Wie geht man gemeinsam, wenn einer nicht gehen kann? Um solche Fragen zu ergründen, lädt dorisdean zur Hochzeit mit Hindernissen ein. Das Brautpaar geht eine Ehe zwischen einer körperlich behinderter Frau und einem nicht behindertem Mann ein. Ausgangspunkt für diese Konstellation

ist unsere Annahme, dass die Eheschließung zwischen einem allgemein als schön und attraktiv empfundenen Mann und einer offensichtlich verkrüppelten Frau bei vielen Menschen auch heute noch auf Unbehagen und Unverständnis stößt. In Interviews haben wir Partner solcher Verbindungen befragt und meist wurde berichtet, dass Frauen, die einen körperlich behinderten Mann lieben, als hilfsbereit, sensibel und aufopferungsvoll empfunden werden. Die Kategorie der Frau als Muttertier ist gleichsam ein schwerveränderbarer Grundsatz unserer Gesellschaft. Daher bereitet eine solche Partnerschaft weniger Irritation. Einem gut aussehenden Mann jedoch, der eine körperlich eingeschränkte Frau wählt, begegnet die Mehrzahl der Menschen mit Unverständnis. Frei nach dem Motto: „Da kannst du doch was Besseres haben!“Durch unsere interaktive Performance wollen wir zur Beschäftigung mit dem Thema Liebesbeziehungen von körperlich unterschiedlichen Menschen und dem Unbehagen in direkten Begegnungen mit ihnen anregen.Wir wollen die Illusion in der Konstruktion von gesellschaftlichen Normen und deren Handhabung im direkten Kontakt von Menschen erforschen.

Weiterer Gesichtspunkt ist das Ergründen des gesellschaftlichen Konzepts der Ehe. Weg vom christlichen Kontrollmechanismus zur Fortpflanzung steht sie heute als individuelle Entscheidung zur inneren Sicherheit in einer unsicheren Welt. Ist dies auch für „defekte“ Menschen zutreffend?

Idee und Konzept: dorisdean

Performance: Miriam Michel, Philipp Hohmann, Kübra Sekin, Charis Nass, Patrizia Kubanek, Deborah Krönung, Katrin Gabler, Nadja Godzina, Sven Meurer, Christopher Bruckman, Hardy Bock, Anna Júlia Amaral, Wera Mahne, Luzie Maroschek, Albrecht Kludszuweit, Daniel Luis de Vicente

Ausstattung: dorisdean, Fabienne Müller

Maske: Klara Stark

 

Gastspiele: Filmhaus Köln, Hardenberghaus Bochum, HSG Bochum, FAVORITEN Festival Dortmund, NO LIMITS Festival Berlin